Im Rahmen des QuNET-Projekts entwickelt das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) Schlüsseltechnologien für die sichere Kommunikation der Zukunft basierend auf Quantenschlüsselverteilung (QKD). Ziel ist es, physikalisch abhörsichere Datenübertragung aus dem Labor in reale Netze zu bringen. So präsentierte Jan Krause, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer HHI, das hauseigene QKD-System kürzlich Staatssekretär Dr. Rolf-Dieter Jungk (Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt) beim QuNET-Industrieworkshop 2025 – ein eindrucksvoller Beleg für den Fortschritt in Richtung industrieller Anwendung.
Vom Prototyp zur Praxis: Fraunhofer HHI gestaltet die Zukunft der sicheren Kommunikation
Im Interview erläutert Jan Krause die Rolle des Instituts im QuNET-Projekt: „Wir setzen auf robuste, unkomplizierte Integration in bestehende Infrastruktur – von photonischen Komponenten über Gesamtsysteme bis hin zu Sicherheitszertifizierung.“ Die vertikale Entwicklungstiefe ist dabei einzigartig. So konnte das Fraunhofer HHI weltweit erstmals die Resilienz seines QKD-Systems gegenüber Faserunterbrechungen und dynamischem Routing demonstrieren – ein Meilenstein für den Einsatz in kritischen Infrastrukturen.
600 Kilometer Quantenkommunikation – flexibel und realitätsnah
Bereits 2024 zeigte das Institut gemeinsam mit seinen Partnern die sichere Übertragung persönlicher Identitätsdaten per QKD im Behördenumfeld. Aktuell bereitet das Fraunhofer HHI ein weiteres Highlight vor: einen 600 Kilometer langen QKD-Link zwischen Berlin und Frankfurt am Main. Damit entsteht eine der längsten europäischen Quantenverbindungen zwischen den Großstädten, die politische und digitale Knotenpunkte verknüpft. Dank eines innovativen Software-Ansatzes verzichtet das System auf den sonst üblichen Uhrenkanal, was die Netzintegration vereinfacht und Kosten erheblich reduziert.
Bahnbrechend: QKD im Flugtest
Im April 2025 gelang dem Fraunhofer HHI gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts und dem Fraunhofer IOF eine QKD-Verbindung zwischen einem Flugzeug und einer Bodenstation über 10 Kilometer. Damit wurde ein wichtiger Schritt in Richtung mobiler und satellitengestützter QKD-Knoten vollzogen.
Kompakt, effizient, einsatzbereit: „QKD-in-a-Box“
Die nächste Entwicklungsstufe ist bereits in Arbeit: Das Fraunhofer HHI strebt die Miniaturisierung seiner Systeme an, etwa in Form von QKD-Steckkarten oder „Quanten-SFP“-Modulen. Ziel ist die einfache Erweiterung bestehender Hardware um QKD-Funktionalität. Eigene Entwicklungen wie photonisch integrierte Chips, Einzelphotonendetektoren und Timetagger bilden dafür die technologische Basis.
Für das kommende Jahr sind weitere Demonstrationen geplant, darunter ein aktuell laufendes Flugexperiment, sowie QKD-Tests zwischen mehreren deutschen Standorten. Auch grenzüberschreitende Anwendungen sind in Vorbereitung.
Warum QKD jetzt entscheidend ist
Angesichts wachsender Bedrohungen für IT-Infrastrukturen gewinnt Quantenkommunikation massiv an Bedeutung. Der Beitrag des Fraunhofer HHI zeigt: QKD-Systeme sind bereit für den Einsatz – über Glasfaser, in urbanen Netzen, auf Langstrecke und sogar in der Luft.
Lesen Sie hier das komplette Interview mit Jan Krause:
Herr Krause, was ist das Ziel von QuNET – und welche Rolle spielt das Fraunhofer HHI dabei?
In unserer digitalisierten Gesellschaft sind wir zunehmend abhängig von abhörsicherer Kommunikation, insbesondere auch vor dem Hintergrund der aktuellen geopolitischen Herausforderungen. Die Souveränität über die dafür benötigten Technologien gewinnt daher zunehmend an Bedeutung. Quantenkommunikation (QKD) bietet hier einen grundlegenden Ansatz zur Realisierung physikalisch abhörsicherer Datenübertragung.
QuNET hat das Ziel, diese Technologie in die Anwendung zu überführen. Wir, das Fraunhofer HHI, legen dabei einen Schwerpunkt auf robuste und unkomplizierte Integration in existierende Infrastrukturen. Unser Beitrag reicht dabei von der Entwicklung wichtiger Kernkomponenten, wie Einzelphotondetektoren, über Gesamtsysteme und Schnittstellen zur Netzwerkintegration bis hin zur Erarbeitung von Verfahren zur Validierung und Sicherheitszertifizierung von QKD-Systemen. Eine derart vertikale Integration ist in diesem Bereich eine echte Besonderheit.
Erst kürzlich konnten wir weltweit erstmals die Resilienz unseres hauseigen entwickelten QKD-Systems gegenüber Faserunterbrechungen und dynamischem Routing demonstrieren und somit zeigen: Unsere Systeme sind bereit für den industriellen Einsatz unter realen Bedingungen.
Schon letztes Jahr haben wir die sichere Übertragung persönlicher Identitätsdaten per QKD im Behördenumfeld gezeigt – ein konkreter Use-Case für Behörden und kritische Infrastrukturen.
In einem weiteren Projekt bereiten wir zudem gerade Systeme für einen 600 km langen abhörsicheren Link zwischen Berlin und Frankfurt am Main vor – eine der längsten europäischen QKD-Verbindungen.
Was macht den QKD-Backbone zwischen Berlin und Frankfurt a.M. so besonders?
Bei dem QKD-Relais-Link zwischen Berlin und Frankfurt bauen wir eine der längsten europäischen QKD-Verbindungen auf.
Die Verbindung dieser beiden Metropolregionen ist allein aufgrund der vielen Möglichkeiten, die sich damit ergeben, besonders. Da haben wir die Hauptstadt mit vielen Ministerien auf der einen Seite und einen der größten Internetknoten auf der anderen.
Darüber hinaus haben wir unsere Systeme für diesen Link auch speziell weiterentwickelt. Basierend auf einem cleveren Software-Ansatz können wir z.B. vollständig auf den sonst üblichen Uhrenkanal zwischen den Systemen verzichten. Das vereinfacht enorm die Netzintegration und spart Kosten.
Das Fraunhofer HHI hat zudem ein QKD-System im Flug demonstriert. Was war daran so besonders?
Um mit QKD große Distanzen zu überbrücken, kann es sinnvoll sein, weit entfernte Punkte über einen mobilen Knoten, wie z.B. ein Satelliten-Relais, zu verbinden. China hat das bereits 2016 mit dem Satelliten „Micius“ demonstriert. Zusammen mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts und dem Fraunhofer Institut für Optik und Feinmechanik konnten wir im April mit unserem QKD-System eine Verbindung zwischen einem Flugzeug und einer 10 km entfernten Bodenstation etablieren. Das ist ein wichtiger Schritt hin zu weiteren Missionen mit mobilen Knotenpunkten.
Wie geht es mit der Technologie weiter?
Wir arbeiten aktuell daran, die Performanz und Robustheit unserer Systeme weiter zu steigern und insbesondere ihre Anwendungstauglichkeit in faserbasierten Netzen zu verbessern. Eines unserer Ziele ist die starke Verkleinerung der Systeme zwecks Energieeffizienz und Handhabbarkeit. Unsere Vision ist die Realisierung von QKD-Steckkarten und „Quanten-SFP“-Modulen, also QKD-Systeme im kleinen Formfaktor üblicher optischer Kommunikationsmodule. So ließe sich existierende Hardware leicht um die Funktionalität von QKD erweitern. Dabei kommen uns insbesondere unsere hausinternen Entwicklungen von photonisch integrierten Chips, Einzelphotonendetektoren und Timetaggern zugute.
Darüber hinaus planen wir weitere Demonstrationsexperimente. Im Rahmen von QuNET werden wir nächsten Jahr zusammen mit unseren Partnern QKD-Experimente zwischen mehreren über Deutschland verteilten Standorten durchführen. Außerdem planen wir zusammen mit Partnern die Erschließung neuer Anwendungsfälle über Ländergrenzen hinweg.
Derzeit führen wir zudem ein weiteres Flugexperiment mit unserem QKD-System durch, womit wir einen weiteren Schritt in Richtung der Anwendung im Weltraum gehen. Zusammen mit unserer starken Expertise im Bereich der Freistrahloptik sind wir somit bestens dafür aufgestellt, QKD weltraumtauglich zu machen. In Zukunft könnten QKD-Systeme dann in Satelliten verbaut werden, um sichere Verbindungen auch zwischen weit entfernten Standorten zu realisieren. Es bleibt also äußerst spannend!